Blaumeise im Regen

Balkonmomente

Ich sitze auf dem Balkon und blicke runter in den kleinen Stadtgarten. Vielleicht ist es das letzte Mal, dass ich hier sitze und hinausblicke. Nach fast sieben Jahren ist es Zeit für neue Wege und neue Orte.

Vor allem aber bleibt mir der Balkon im letzten Jahr in Erinnerung. Alles fing mit der fixen Idee an, uns ein kleines Stück Natur auf den Balkon zu holen. Wir haben ein kleines Futterhäuschen für Vögel auf der Balkonbrüstung platziert. In der Hoffnung, dass es hier in der Stadt ein paar Vögel gibt, die diesen Ort finden. Zunächst passierte erstmal lange, lange Zeit nichts. Mehrere Wochen vergingen und kein einziger Vogel hat den Weg hierher gefunden, ins kleine Futterhäuschen aus Holz. Der Winter war mittlerweile vorbei und die Tage wurden langsam wieder wärmer. Und dann … von einem auf den anderen Tag kam vereinzelt ein oder zwei Kohlmeisen vorbei, dazu eine Blaumeise. Wir ergänzten unser Setup mit einer Wasserschale zum Trinken, ein paar Meisenknödeln und ein weiteres Häuschen. Danach hat es sich schneller als wir gucken konnten, in der Vogelwelt umher gesprochen, dass auf unserem kleinen Stadtbalkon fressen und trinken zu finden war. Wann immer wir nun rausblickten, kam ein Vogel gerade angeflogen oder huschte davon.

Die Brutzeit war gestartet. Zunächst kamen gestresste Elternvögel, auf der Suche nach Trinken an heißen Tagen oder einem energiebringenden schnellen Snack. In der städtischen Umgebung beides nicht immer ganz einfach. Ab und an haben einzelne Vögel auch einfach nur dort gesessen und verweilt. Es wirkte, als wenn sie kurz Pause machen von ihrem Alltag. Zu dieser Zeit kamen regelmäßig Kohlmeisen, Blaumeisen und Spatzen vorbei. Mit der Zeit haben sich die ersten Jungvögel blicken lassen, ganz flauschig mit ihren riesengroßen, sperrangelweit offenen Schnäbeln. Erst saßen sie in den umliegenden Bäumen, später kamen sie zusammen mit ihren Eltern direkt auf unserem Balkon. Insbesondere die Wasserschale war an heißen Tagen sehr beliebt, zum Trinken aber auch zum Baden. Die jungen Vögel wurden immer größer. Die Blaumeisen wechselten langsam von ihrem gelben „Babykleid“ ins „Erwachsenen-Federkleid“. In den Wochen danach kamen die jungen Blaumeisen als kleine Gang vorbei, acht Blaumeisen hüpften immer öfter gleichzeitig auf unserem Balkon umher.

Im Laufe des Jahres gesellten sich neben den Meisen und Spatzen auch mal eine Amsel oder ein Gimpel dazu. Häufigerer Gast war dagegen die Ringeltaube, die wir freundlicherweise als Mähdrescher getauft haben. Sie war so etwas wie das Aufräumkommando, dass alles runtergefallene aufgefressen hat und auch immer kuriosere Wege fand, an den Futterhäuschen zu landen. Ganz schön schlau. Ab und an hat sie uns allerdings sehr erschrocken, wenn sie durch Fenster reingeblickt hat.

Die Vögel haben uns jeden Tag ein Lächeln ins Gesicht gezaubert und es freut uns umso mehr, dass auch unsere Nachbarn diese Veränderung im Garten wahrgenommen haben.

Uns zieht es nun raus aus der Stadt, weg von dem Lärm. Einen Balkon wird es nicht mehr geben und ein wenig werden uns unsere gefiederten Nachbarn fehlen. Dafür wird es nun einen Garten geben und mit der Zeit sicherlich auch neue gefiederte Nachbarn.

Ein Stück Natur für dein Postfach

Gönn dir eine kleine Pause vom digitalen Lärm. Erhalte maximal einmal im Monat Inspiration für achtsame Fotografie, stille Momente und echte Naturgeschichten.


Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert